Für die Kunststoffverarbeiter in Deutschland war 2017 ein Rekordjahr: Die Produktion legte nach Branchenangaben des GKV um 4,6% auf 14,7 Millionen Tonnen zu und der Branchen-umsatz kletterte auf einen neuen Höchststand von 63,7 Milliarden Euro. Wichtige exportstarke Abnehmer, wie der Maschinenbau und die Automobilindustrie, aber auch die gute Inlandsnachfrage der deutschen Bauwirtschaft und der Verpackungsindustrie sowie der Hersteller technischer Teile und von Konsumwaren sorgten für das solide Wachstum. Gleichzeitig profitierten die Kunststoffverarbeiter von der hohen Konsumneigung der privaten Verbraucher. Auch der Markt für glasfaserverstärkte Kunststoffe v.a. für technische Teile, wie Rotorblätter der Windkraftanlagen zeigte, wie auch schon in den Vorjahren mit nun rund 3% ein weiteres dynamisches Wachstum.
Die Kehrseite dieser Entwicklung ist aber gleichzeitig: Die Gesamtentwicklung des Einsatzes von Kunststoffrecyclaten hinkt hinter dieser positiven Entwicklung noch sehr deutlich hinterher. Die Branche vermisst hier v.a. geeignete Rahmenbedingungen des europäischen und deutschen Gesetzgebers, um den Einsatz von Kunststoffrecyclaten in den einheimischen Produktionsbetrieben zu verbessern. Zudem spielen die generell in Deutschland ungenügende Versorgungssituation mit Recyclaten und die oft unzureichende oder stark schwankende Qualität der Recyclate sowie der gegenüber Neuware nicht immer wettbewerbsfähige Preis der Recyclate eine wichtige Rolle auf diese Ressourcen zu verzichten und Kreisläufe innerhalb der „Circular Economy“ zu schliessen. Nach einer GKV-Umfrage setzen daher nur 60% der befragten Unternehmen, die Kunststoffprodukte herstellen überhaupt Recyclate ein.
Die EU verfolgt nach jüngsten Angaben hier zudem nur das Ziel, bis zum Jahr 2030 alle Kunststoffverpackungen wiederverwendbar oder recycelbar zu bekommen. Über die meisten anderen Kunststoffprodukte und deren Recyclate, immerhin über 75% des Gesamtmarktes, gibt es auf der EU-Ebene keinerlei ernstzunehmende Zukunftsvisionen. Ein weiterer Schwerpunkt der Strategie liegt lediglich auf Einwegkunst$stoffen, die nach Angaben der EU 50% der Abfälle an europäischen Stränden ausmachen: „Die Art und Weise, wie Kunststoffe produziert und entsorgt werden, sei eine verpasste wirtschaftliche Chance und gleichzeitig eine Bedrohung für die Gesundheit der Bürger“, so Frans Timmermans, Vize-Präsident der EU-Kommission, der zudem vorstellte, bis Ende Mai 2018 einen Rechtsakt zu Einwegkunststoffen, überwiegend ebenfalls Verpackungen oder Kunststofftragetaschen, vorzuschlagen: Prävention und Substitution sollten hierin die beiden Schlüsselworte innerhalb der EU-Strategie sein.
Inzwischen sind aber zumindest nachhaltige Alternativen zu den Kunststoffverpackungen in Reichweite. So haben bereits verschiedene Supermarktketten angekündigt, dass sie kunststofffrei werden wollen, wenn es geeignete Alternativen gebe. Diese Strategie will offenbar der Lebensmittel-Handelskonzern Schwarz Gruppe gezielt „mit Leben füllen“. Den ersten noch vorsichtigen Anfang macht der Discounter Lidl, der angekündigt hat, bis 2025 den Kunststoffverbrauch in seinen Geschäften in Deutschland um mindestens 20% zu reduzieren. Erreicht werden soll dieses Ziel durch Maßnahmen bei Produkt- und Umverpackungen für Eigenmarken, die bei Lidl rund 70% des Sortiments ausmachen. Damit folgt Lidl auch dem zunehmenden Verbraucherwunsch nach mehr Nachhaltigkeit in Sachen Verpackung der Produkte im Handel.
Als weiteren Schritt will das Unternehmen bis zum Jahr 2025 sämtliche Kunststoff-verpackungen für Eigenmarken zu 100% recyclingfähig gestalten. Zudem sollen bereits verwirklichte Maßnahmen, zum Beispiel zur Wiederverwendung von Folienmaterial, weiter vorangetrieben werden. „Mit Lidl und Kaufland, den eigenen Produktionsbetrieben sowie dem eigenen Entsorgungs- und Recyclingdienstleister GreenCycle hat es die Schwarz-Gruppe zudem selbst in der Hand, wirkungsvolle Initiativen in der gesamten „Circular Economy-Kette“ der Kunststoffverpackungen umzusetzen, somit ein gutes Vorbild für den gesamten Handel. Allein an Kunststoffen wurden im vergangenen Jahr bei der Schwarz Gruppe europaweit bereits rund 150.000 Tonnen recycelt, doch sollen in den kommenden Jahren für die Umsetzung der Kunststoffstrategie mehrere Millionen Euro zusätzlich investiert werden.